schreckenbergschreibt: Wie finde ich einen fairen (Klein)Verlag?

Bevor ich Euch von einem Treffen mit meinen Nomaden-Testleserinnen und -lesern (bzw. 50% davon) berichte, eine kleine Anmerkung zu einem Thema, das gerade bei facebook rund geht:

Letzten Freitag fand in der Schule meiner Kinder die Studien- und Berufsorientierung statt. Im Rahmen dieser Veranstaltung informieren Eltern die Jugendlichen der Einführungs- und Qualifikationsstufe (für uns Ältere: Oberstufe) über ihre Berufe. Die Schülerinnen und Schüler dürfen sich aus der großen Auswahl zwei Berufe aussuchen, die sie interessieren, man hat also mit aufmerksamen weil interessierten jungen Menschen zu tun, nicht mit irgendwelchen Zwangsrekrutierten. Immer einer sehr schöne Sache, die mir viel Spaß macht.

Zur Information über den Beruf des Schriftstellers gehört auch, das Publikum vor so genannten „Druckkostenzuschussverlagen“ (kurz: DKZV) zu warnen. Das sind Verlage, die sich als seriöse Buchverlage gerieren, deren Geschäftsmodell es aber nicht ist, durch den Verkauf von Büchern Geld zu verdienen, sondern dadurch, dass sie Autorinnen und Autoren die Illusion verkaufen, deren Bücher zu verlegen und zu verbreiten. In Wahrheit leben sie davon, dass diese Autorinnen und Autoren dafür bezahlen, dass ihr Buch „verlegt“ wird. „Zuschuss“ ist also eine reine Verniedlichung. Der wahre Name dieser Verlage ist „Buch für Geld“.*

Wer, wie ich, durch die lange und harte Prüfung frustrierender Ablehnungsbriefe von Verlagen gegangen ist weiß, WIE hart dieser Weg ist, wie er am Selbstbewußtsein nagen kann, wie groß die Versuchung sein kann… Es ist wichtig, gerade junge Autorinnen und Autoren davor zu warnen und ihnen die Alternativen aufzuzeigen – denn die gibt es (siehe unten).

Nun kursiert im Netz die Liste eines angeblichen Zusammenschlusses von Kleinverlagen, die faire Konditionen bieten. Ich werde sie hier nicht verlinken, denn sie ist eine DKZV-Liste, zumindest zum überwiegenden Teil. Das ist vor allem für die Kleinverlage ärgerlich, die wirklich faire Konditionen für ihre Autoren bieten, und die an sich schon genug Schwierigkeiten haben, mit ihren Nischenprodukten und kleinen Programmen wahrgenommen zu werden. Ich habe bisher ausschließlich bei kleinen Verlagen veröffentlicht, als da sind JUHRVerlag, Gardez!Verlag, Oldigor Verlag und  ViaTerra Verlag. All diese kleinen Verlage sind seriös. Sie haben selbstverständlich nicht die Marktmacht und Ressourcen großer Verlage – aber das war mir vorher klar. Weniger ernstzunehmen oder gar weniger engagiert sind sie nicht.

Woran aber erkenne ich nun einen seriösen Kleinverlag?

Und wie unterscheide ich ihn von einem gut getarnten DKZV? Nun, das ist einfach: Die Gesamtsumme aller Honorare, Gebühren oder anderer Mittel, die ich diesen Verlagen für die Veröffentlichung meiner Romane und Kurzgeschichten gezahlt habe beläuft sich auf:

0,00 Euro

Nichts, garnichts, nada, nothing, rien, niente, zero!

Was ich diesen Verlagen abgetreten habe, sind verschiedene Rechte an meinen Geschichten. Als GEGENLEISTUNG dafür (denn immerhin habe ich etwas produziert, mit dem sie nun arbeiten dürfen) verpflichten sie sich, diese, meine Produkte zu vermarkten. Dabei entstehen natürlich Kosten, für Lektorat, Druck, Marketing etc. Diese Kosten tragen KOMPLETT die Verlage. Verkauft werden meine Bücher zum Großteil über den Buchhandel (stationär und online), in sehr, sehr viel geringerem Maße über die Verlagsshops und bei Lesungen. Den Verkaufserlös der Bücher teilen sich Verlag, Buchhandel und ich. Mein Anteil ist dabei der Geringste – was aber in Ordnung (und marktüblich) ist, schließlich bin ich der einzige in der ganzen Kette, der nicht in finanzielle Vorleistung geht. Ich schaffe das Produkt, das kostet natürlich Zeit und Energie – aber mehr sollte es auch nicht kosten.

Und das ist das ganze Geheimnis: Ein Verlag, der auf dieser Basis (Rechteabtretung, Vermarktung, Buchverkauf) arbeitet, sollte sich aus den Erlösen dieser Bücher finanzieren – und nicht aus „Eigenanteilen“ der Schriftsteller. Dann (und NUR dann!) wird er aus eigenen Interesse heraus alles tun, die Bücher gut zu vermarkten und damit seinem eigenen Interesse ebenso dienen wie dem des Autors / der Autorin. Einem DKZV kann der Buchverkauf schnurz sein – er verdient an den „Zuschüssen“ seiner Opfer weit mehr.

Nun gibt es aber immer Menschen, die für den langen Weg durch die Verlage nicht die Geduld oder Leidensfähigkeit aufbringen. Gibt es für sie Alternativen? Durchaus:

1.) Selbstvermarktung über E-Books

Setzt Verkaufstalent, Marketingkenntnisse, begrenzte Eigenmittel (sehr viel weniger als bei DKZV oder den beiden anderen Alternativen) und Fähigkeit zur Selbstkritik voraus. Ich habe hier schon einmal etwas dazu geschrieben.

2.) BoD und verwandte Dienstleister

„Moment,“ höre ich Leser protestieren: „Hast Du nicht gerade gesagt, Buch-gegen-Geld ist böse? Was macht BoD denn anderes?“

Nichts. Aber sie sagen es offen. Sie tarnen sich nicht als „normaler“ Verleger der übliche Verlagsleistungen bietet, sie erklären ganz offen und ehrlich ihre Dienstleistungen. Zu denen gehören auch verlagstypische Leistungen wie etwas Marketing, Vertrieb und Druck (und das Marketing betreiben sie, nach Aunkunft von Buchhändlern, auch durchaus seriös, wenn auch natürlich nicht mit dem selben Elan und im selben Umfang wie Verlage, die nur vom Buchverkauf leben). Aber der Hauptteil des Geschäfts ist eben der Verkauf der Dienstleistung „Buch“ an Autorinnen und Autoren. Diese Dienstleister tun eben nicht so, als sei dies das übliche Verlagsgeschäft, im Gegenteil, sie weisen auf ihre besondere Stellung hin, sind transparent, was die Konditionen und Kosten betrifft – und schütten bei Buchverkauf einen sehr viel höheren Anteil an die Autoren aus, als herkömmliche Verlage oder DKZV.

Wer also meint, seine Bücher besser vermarkten zu können als ein Verleger, einfach nicht darauf warten will, von Verlagen entdeckt zu werden oder vielleicht ein derartiges Nischenprodukt herstellt, dass er es nur in der eigenen Szene verkaufen kann oder will, für den kann ein solcher Dienstleister durchaus ein gangbarer Weg sein. Aber Vorsicht: Wer mit seinen Geschichten wirklich Geld verdienen will, sollte diesen Weg nur gehen, wenn er ein großes Verkaufstalent ist und einiges vom Buchmarkt und -marketing versteht. Und er sollte davon ausgehen, dass er zunächst beim Buchhandel einen schwereren Stand haben wird, als Autoren herkömmlicher Verlage.

3.) Selbstverlag

War vor vielen, vielen Jahren durchaus üblich: Wer ein Buch geschrieben hat begibt sich zur Druckerei (und ggf. danach noch zum Buchbinder) und lässt das Werk in einer selbst bestimmten Auflage drucken. Das geht immer noch – es gibt Druckereien, online und um die Ecke, es gibt sogar noch Buchbinder. Allerdings ist dieser Weg teuer und wird sich, in aller Regel, nicht lohnen, wenn es darum geht, vom Veröffentlichen eigener Bücher zu leben.

Aber es gibt ja durchaus andere, nicht weniger edle Motive. Wer etwa zu einem sehr engen Nischenthema etwas zu sagen hat, eine ungewöhnliche politische oder philosphische Ansicht unter die Menschen bringen oder einfach nur seine Lebenserinnerungen an Kinder und Enkel weitergeben will wird wahrscheinlich keinen Verlag dafür finden – aber womöglich dankbare und begeisterte Leserinnen und Leser, wenn er seinen Text drucken lässt und zwischen zwei schöne Buchdeckel packt. Dies ist also ein Weg für alle, die sich an ein sehr kleines Zielpublikum wenden.

All diese Möglichkeiten sind, wie gesagt, ALTERNATIVEN zu dem Weg über den seriösen Verlag. Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die zu diesen Alternativen greifen gehen einen anderen Weg als den üblichen, eventuell (Selbstverlag) auch mit ganz anderen Zielen – und unterscheiden sich dadurch von uns, die wir den üblichen Weg gegangen sind. Manche von uns sehen aus diesem Grund auf diese Alternativkollegen herab, was ich für falsch halte. Aber der Unterschied ist da – auch wenn er, gerade was die E-Book Selfpublisher angeht, oft viel kleiner ist, als viele „etablierte“ Kolleginnen und Kollegen gerne glauben. Auch hierzu der oben verlinkte Beitrag.

Aber diese Unterschiede sind völlig anders als der zu den Opfern der DKZV-Verführer. Denn die haben sich einem System unterworfen, das sagt: „Die Arbeit der Autoren ist wertlos. Soll sie veröffentlicht werden, müssen die Autoren zahlen.“ Dieses System ist für jede(n) seriöse(n) Schriftsteller(in), egal wie er oder sie seine/ihre Werke vermarktet, beleidigend, existenzbedrohend – und deshalb feindlich. Die anderen Marktteilnehmer (Buchhandel, seriöse Verlage) sehen das zumeist ähnlich – mit allen schädlichen Folgen für DKZV-Autoren. Diese Abzocker-Verlage nutzen nur sich selbst und schaden denen, die ihnen ihre Geschichten anvertrauen.

 

 

 

 

 

*Alles, was ich hier sage, gilt für Belletristik, Lyrik etc. Im WISSENSCHAFTLICHEN Bereich ist es mitunter durchaus üblich, für die Veröffentlichung einer Arbeit, etwa einer Doktorarbeit, zu bezahlen. Es gibt Verlage, die sich auf diese Dienstleistung in diesem Umfeld spezialisiert haben, und sie sind absolut seriös.

Über Mountfright

Autor und Öffentlichkeitsarbeiter, Mann und Vater, Leser und Filmfreak. Kindheit in den 1970ern, weswegen mich bis heute seltsame Musik mit Ohrwürmern plagt. Aufgewachsen in den 80er Jahren, einem Jahrzehnt, das nicht halb so grau war, wie die anderen glauben. Erste Kurzgeschichte mit 13, erster echter Romanversuch (nach pubertären Ausfällen) mit 17, die nachfolgende Schreibblockade habe ich mir mit Songtexten für die Kölner Psychobillyband "Boozehounds" vertrieben. Danach ging es wieder: Erster lesenswerter Roman mit 26, seither nicht mehr aufgehört.
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6 Antworten zu schreckenbergschreibt: Wie finde ich einen fairen (Klein)Verlag?

  1. Pingback: Independent Verlage auf dem Schirm – ein work in progress | schreckenbergschreibt

  2. Leidgenossen zwischen Krummer Lanke, Reichstag und Gedächtniskirche: „Indem man ihn suchen tut – wie die Heunadel im Steckhaufen.“

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  3. Leidgenosse zwischen Krummer Lanke, Reichstag und Gedächtniskirche: „Ick hab so ville Verlare jefun´, awa keen´ der mir wollte – wo ick doch kaum Fehla mach.“

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  4. Claus Ritter schreibt:

    Leidgenosse zwischen Krummer Lanke, Reichstag und Gedächtniskirche: „Apropos Kleen-Verlag: Jetze hab ick een jefunden. Der is so kleen, deta mir jar nich sehen tut.“

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  5. Esther Fieber schreibt:

    der Wahn ist kurz, die Reue ist lang…………
    das trifft auf mein Panikentschluss zu, dass ich mein Sachbuch so schnell wie möglich gedruckt
    sehen wollte. Ich fand den Persimplex Verlag! Nein, das ist kein Zuschussverlag, viel schlimmer!
    Herr Peter Marsh-Göring, Alleinherscher über sein Imperium, schickte mir artig einen Vertrag, an dem eigentlich nichts auszusetzen war. Ich liess diesen Verttag auch prüfen und bei kompetenter Stelle versicherte man mir, damit, mit diesem Vertrag, sei alles roger!
    Leider war ich nicht clever genug, vorauszusehen, dass Papier das geduldigste Produkt der Welt ist. Ich hatte übersehen, dass die Kaution, welche ich zu leisten hatte, und die mir wieder
    zurückbezahlt würde, die versprochenen Leistungen im Vertrag ausser Kraft setzten würden.

    Nicht einmal das vertraglich zugesagte Lektorat erhielt mein Manuskript.
    So landete ich nach einigen Monaten schon im Archiv, des launigen Verlages und dass ich die
    Kaution zurückerhalten würde, davon konnte keine Rede sein. Mein Buch war nicht ein Bestseller.
    Nötigungen, Drohungen und Einschüchterungen verliessen das Verlagshaus in Schwerin Richtung Schweiz, weil man sich getraut hatte Kritiken einzustellen im Internet.
    Ich werde nun BoD oder sonst eine Lösung suchen um mein Sachbuch, welches mir eine grosse
    Zahl an Kontakten beschert hat, aber keine Verkaufszahlen, neu mit aktuellen Fakten und Recherchen versehen wieder auf den Markt bringen.

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  6. Furrer schreibt:

    in meinem Fall habe ich die Kaution bezahlt und das Buch erschien bei amazon.de sowie bei Lidl
    wie ich das im Internet nachprüfen kann.
    Es sind 3 Jahre vergangen und ich hörte nie mehr etwas von dem Verlag. Dabei wurde der Titel
    verkauft

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