schreckenberglebt: Türchen Nr. 12 – Respekt vor dem Alter

Immer wieder – und angesichts einer engagierten, unbequemen Jugend umso häufiger – hört man die Forderung, das Alter zu respektieren oder auch dessen „Lebensleistung“. Als jemand, dessen 50. Geburtstag am Horizont leuchtet kann ich mir, denke ich, eine Meinung zu dem Thema erlauben. Und meine Meinung ist:

Alt zu sein ist keine Leistung und hat keinen Anspruch auf Respekt.

Es gab sicher mal Zeiten, in denen es Fähigkeiten erforderte, mein Alter (48) zu erreichen und darüber hinaus. Und es gibt Weltgegenden, in denen das immer noch so ist. Aber hier, im satten, sicheren Mitteleuropa? Mitnichten.

Die ältere Generation hört das nie gerne. Die Generation meiner Großeltern nahm für sich in Anspruch „Deutschland wieder aufgebaut“ zu haben, und unterschlug dabei geflissentlich, dass die auch dafür gesorgt hat, dass es in Schutt und Asche gelegt wurde. Von Massenmord und solchen Dingen gar nicht zu reden. Da war die Forderung nach Respekt etwas lächerlich. Aber auch meine Generation und die meiner Eltern sollte, wenn es um „Respekt vor dem Alter“ geht, schön den Mund halten. Wie neulich gesagt – dass wir mit unserem Verhalten eine Klimakatastrophe heraufbeschwören ist seit mindestens 40 Jahren bekannt. Wenn man jungen Menschen, die zornig darauf hinweisen, mit der Forderung nach Respekt vor der fucking Lebensleistung einer ganzen Generation antwortet, dann ist „OK, Boomer.“ noch eine sehr, sehr freundliche Antwort.

Um nicht missverstanden zu werden: Vor individueller Lebenserfahrung und -leistung habe ich großen Respekt. Und Grundrespekt vor jedem Menschen habe ich auch. Aber „Respekt vor dem Alter“ ist etwa so intelligent wie „Stolz ein Deutscher zu sein“. Respekt, über besagtes Grundminimum hinaus, muss man sich verdienen. Eine bestimmte Zahl von Jahren zu existieren reicht dazu nicht aus.

Über Mountfright

Autor und Öffentlichkeitsarbeiter, Mann und Vater, Leser und Filmfreak. Kindheit in den 1970ern, weswegen mich bis heute seltsame Musik mit Ohrwürmern plagt. Aufgewachsen in den 80er Jahren, einem Jahrzehnt, das nicht halb so grau war, wie die anderen glauben. Erste Kurzgeschichte mit 13, erster echter Romanversuch (nach pubertären Ausfällen) mit 17, die nachfolgende Schreibblockade habe ich mir mit Songtexten für die Kölner Psychobillyband "Boozehounds" vertrieben. Danach ging es wieder: Erster lesenswerter Roman mit 26, seither nicht mehr aufgehört.
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