Vergangenen Samstag/Sonntag war ich auf einer Party.
Dort traf ich eine sehr nette Frau, Bekannte, Facebookfreundin, nennen wir sie der Einfachheit halber A. (sie heißt wirklich mit A). A. hatte mir beim letzten Zusammentreffen versprochen, den „Finder“ und die „Träumer“ zu lesen. Nun, einige Monate später, hatte sie beide gelesen. Sie lobte die Träumer kurz und unspezifisch und trug mir dann eine längere, differenzierte Kritik zum Finder vor. Tenor: Das Buch habe ihr gut gefallen (sie hätte mir 4 Amazonpunkte gegeben), sei aber nicht gut ausbalanciert. Der Anfang, die Suche meiner Heldinnen und Helden nach einem neuen zu Hause, die Ansiedlung, Daniels erste Finderreisen, etc., etc., das sei alles sehr schön gewesen, es habe Freude gemacht, das zu lesen, viel Lob für meine Beschreibungen – all das. Der Schluss hingegen sei viel zu abrupt gekommen, zu schnell geschrieben (ich glaube, sie sagte sogar: „heruntergeschrieben“), alles zu hastig und zu wenig Beschreibung, zu wenig Tiefe.
Das höre ich manchmal, und ich gebe dann immer die selbe Antwort (und meine sie ernst): Wenn ich eines Tages so berühmt und gefragt bin, dass mein(e) Verlag(e) sich alles erlauben kann/können, dann mache ich es wie Stephen King mit „The Stand“ und schreibe die doppelt so lange Uncut-Version. 😀 A. fand die Idee toll und was Stephen King anging waren wir uns auch einig – Die lange Version von „The Stand“ ist deutlich die bessere!
Ich weiss aber auch, dass viele diese ungeschnittene Version des kingschen Epos für eine völlig überflüssige, geschwätzige Eitelkeit halten…
Gestern nun bekam ich die Mail eines anderen Bekannten, eher aus meinem beruflichen Umfeld, nennen wir ihn B. (auch er heißt wirklich mit B – das ist alles nonfiction hier). Er hatte ebenfalls beide Bücher gelesen und mir ein Feedback versprochen. Auch er lobte die Träumer kurz (Warum eigentlich immer kurz? Leute, ich will auch wissen, was Euch an meinen Büchern gefällt! Das will ich sogar am allermeisten wissen. 😉 ) und sagte, sie hätten im besser gefallen. Zum Finder dann dies:
„Gute Idee. Anfang zu lange Beschreibung, zu wenig Fortgang im Mittelteil (…)“.
Auch das höre ich nicht selten…
JA, WAS DENN NUN??? Wer hat Recht? A., für die der Anfang sehr gelungen und der Rest zu knapp ist? Oder B., dem der Anfang zu langatmig und auch die Mitte noch nicht rasant genug ist (btw. – Sag das mal Lara, die wird Dir was husten! 😀 )? Oh – und nicht zu vergessen: Es gibt noch die beiden anderen Fraktionen. Die, denen das ganze Buch gefällt und die, die es gar nicht mögen. Erstere sind gottlob (stark) in der Überzahl – zumindest bei denjenigen, die sich bei mir melden. Wer liegt also richtig?
Alle, natürlich! Und keiner. Das ist Geschmacksache. Mein Geschmack neigt eher zu A., was nicht daher kommt, dass ich gerne viel von meinen eigenen Geschichten schreibe, sondern daher, dass ich selbst gerne epische Werke lese.
Was aber sagt das über den Wert von Kritik? Wo immer ich gefragt werde sage ich brav, dass ich mich über Kritik freue, auch über negative, weil man daraus lernen kann. Das stimmt auch, bedarf aber der Relativierung. Ein Kritiker der glaubt, indem er einen bestimmten Aspekt meiner Geschichte kritisiere bewirke er eine direkte Verhaltensänderung bei mir, irrt. Wie ich eine Kritik einordn,e hängt von verschiedenen Faktoren ab.
1.) Was weiß ich über die Person, was kann ich ihrer Kritik entnehmen? A. & B. zum Beispiel sind keine professionellen Kritiker. Ihre Kritik ist nur für mich gedacht, sie können sich damit nicht profilieren. Außerdem sind sie mir, soweit ich das beurteilen kann, freundlich gesinnt. Ihre Kritik ist also sehr ehrlich und nur auf das Buch bezogen. Außerdem haben sie das Buch offensichtlich ganz gelesen und urteilen sehr reflektiert und differenziert.
Als Gegenbeispiel kann eine meiner Amazon Kritiken gelten: Der Autor schreibt diesen Satz:
„Das Ende wirkt schon sehr an den Haaren herbeigezogen und lässt so manche Frage offen. Hier ein Beispiel: Wieso verschwanden die Menschen und nicht die Tiere?“
Öhm… also, für alle die das Buch gelesen haben – das ist klar, oder? Entweder, der Kritiker hat das Buch nicht verstanden, oder ich habe ihn so gelangweilt, dass er es nicht zu Ende gelesen hat. Da ich nicht unbedingt ein Kafka bin denke ich mal, meine Bücher sind leicht zu verstehen, ich vermute also, dieser Kritiker hat früher aufgegeben. Auch das ist eine deutliche Aussage über das Buch, entwertet den Rest seiner Kritik aber leider in meinen Augen.
2.) Urteile über Geschmacksachen sind Geschmacksache. B. stört im Finder genau das, was A. begeistert hat. Was immer ich ändern würde, ob ich das Ende ausbaute oder den Anfang eindampfte – eine(n) von beiden würde ich als Leser verlieren. Wenn ich gar nichts änderte, wäre die Mehrheit derer, die das Buch so mögen wie es ist, wohl zufrieden. Würde ich es radikal umschreiben gewänne ich vermutlich einige von denen, denen es im Moment gar nicht gefällt.
Was bedeutet das? Nun, es stärkt mich in meiner Grundhaltung: Ich habe beim Schreiben keinen bestimmten Leser und keine bestimmte Leserin im Kopf! Ich erzähle meine Geschichten wie es ein Geschichtenerzähler meiner Meinung nach tun sollte: Als Bericht aus seiner Phantasie für eine große Menge, die mit ihm ums Feuer sitzt und deren Gesichter er aber im Halbdunkel kaum erkennen kann. (Ausnahme natürlich: Wenn nur Kinder am Feuer sitzen. Aber das wäre weder das Finder-, noch das Träumer-Feuer. 😉 )
Hätte man mich vorher gefragt, ich hätte vermutet, der Finder ist vor allem eine Geschichte für Männer. All dieses Siedeln und Bauen, all die Kämpfe, Bogen, Schwerter, Gewehre, Hunde, Monster… klassische Männerthemen.
Die Fans dieses Buches sind, in der großen Mehrheit – Frauen. Im Nachhinein sind mir einige Gründe dafür deutlich: Die starken Frauenfiguren, insbesondere Esther und Lara, aber auch Carmen, Vera und Simone. Die Tatsache, dass Esther, wenn auch nicht die Hauptfigur (die ist und bleibt Daniel), dann doch die führende Figur ist. Beim Schreiben war mir das weder klar noch bewusst, im Nachhinein aber ist es erstaunlich eindeutig: Wann immer die Gruppe als Ganzes oder Daniel alleine Esthers Rat folgt, ist es gut. Wenn nicht – Katastrophe! Und es ist natürlich eine Liebesgeschichte.
Das sind sicher nicht alle, vielleicht sogar nicht die wichtigsten Gründe, aus denen besonders Frauen dieses Buch schätzen. Aber es zeigt mir, dass ich richtig damit fahre, eine Geschichte einfach zu erzählen, und sie nicht auf eine Zielgruppe hin schreiben zu wollen.
Ausnahme von der Geschmacksregel: Wenn eine große Mehrheit der Kritiker in einer Geschmacksfrage gleich urteilen, kann ich davon ausgehen, dass dieser Punkt über die Geschmäcker hinweg stimmt.
3.) Erklärtes Lob ist Gold wert. Viele Kritiker erklären – selbst wenn sie ein Buch mögen – vor allem das ausführlich, was ihnen nicht gefällt. Daraus kann man als Schriftsteller aber – siehe oben – gar nicht sooo viel lernen, wie viele glauben. Ich habe festgestellt, dass Lob, wenn es denn erklärt wird, vor allem deshalb hilfreicher sein kann, weil die positiven Kritiken einhelliger sind als die negativen. Es gibt Dinge an meinen Büchern, die loben fast alle meine Leser, so uneins sie auch in anderen Punkten sein mögen. Bei diesen Dingen kann ich davon ausgehen, dass ich sie richtig mache – eine Bestätigung, dabei zu bleiben. Die Regel, dass an etwas, bei dem viele Kritiker sich einig sind wahrscheinlich etwas dran ist, gilt für negative wie für positive Kritik. Daher ist es nützlich, wenn die positive Kritik ebenso differenziert ist wie die negative – es erhöht einfach die Zahl der Vergleichsgrößen. 😉
4.) Ich höre auf mein Gefühl. Ich glaube, die Schwächen meiner Bücher im Geheimen ganz gut zu kennen, ebenso einige ihrer Stärken. Wenn also ein(e) Kritiker(in) genau den Punkt kritisiert, den ich im Geheimen auch für schwach halte, dann nehme ich das sehr, sehr ernst – selbst wenn sonst niemand etwas darüber sagt. Wenn etwas, das ich für eine Schwäche halte, keine negative Resonanz erzeugt, dann bin ich geneigt, dem zu glauben und mich für überempfindlich zu halten. Wenn aber jemand darüber stolpert, dann bin ich geneigt, dieser Person recht zu geben. Denn immerhin bin ich der Autor und die Geschichten sind mein Herzblut. Wenn ich da schon etwas schwach finde… und das auch noch bestätigt wird… ändern, in der nächsten Auflage.
5.) Rechtschreibung etc. – geht mich nix an. Sache des Lektorats. Ich weiss, dass ich schwach in Rechtschreibung bin. War ich schon in der Schule. Ich strenge mich an. Ehrlich: I do my very best – and so does the editor. Verzeiht ihm, wenn trotzdem was durchschlüpft – er hat es nicht leicht mit mir.
Langer Rede kurzer Sinn: Liebe Leserinnen und Leser, Eure Kritik – negative und positive – ist mir stets willkommen und wertvoll. Auch und gerade, wenn wir uns irgendwo persönlich treffen, Party, Lesung, wo auch immer, und Ihr sie mir direkt sagt. Sollte ich aber ein wenig verwirrt oder belustigt reagieren, nehmt es nicht persönlich. Es kann sein, dass Ihr B. seid und ich gerade vorher mit A. gesprochen habe.
Danke für Eure Hilfe! (Heute besonders an A. & B.) 🙂
Kurz weil ich kurz vor Urlaub war 😉
Länger folgt schon noch 😉
Gruß
b
btw ein paar Rezensionen hab ich schon für diverse Portale geschrieben 😉
LikeLike
Ja, das merkt man auch. 😉 Aber bei einer Kritik, die nur an mich geht – wie Deine oder die von A. – weiß ich halt besonders, dass der Kritiker nicht etwa gut bei den Lesern der Kritik ankommen will, sondern dass er nur MIR etwas über mein Buch sagt. Das ist besonders wertvoll. 🙂
LikeLike