Irgendwie ergibt es sich in den letzten Tagen, dass ich meinen Fantasyfilmfestpost immer mit etwas Politischem verbinde, das mir unter den Nägeln brennt und das ich unbedingt los werden möchte, daher diese seltsamen (und vom PR-Standpunkt her völlig blödsinnigen) Doppelartikel. Egal. Ist ja nicht so, dass hier jemand gelernter PR-Berater wäre. 😀
Diesmal wird es auch politisch kurz und lange nicht so wütend wie am Sonntag. Was ich mich nur frage:
Es sieht ja so aus, als würden unsere gewählten Vertreterinnen (zu wenige, btw.) und Vertreter in Berlin nun zunächst einmal versuchen, sich als Jamaica-Koalition zu einer Regierung zusammen zu raufen. Kann mir mal jemand, erklären, warum zum Teufel die allermeisten Medien sich ausschließlich dafür zu interessieren scheinen, warum das schief gehen kann? Wo sind die größten Unterschiede? Welche Partei kann mit welcher am wenigsten und warum? Welche Hindernisse scheinen unüberbrückbar?
Man kann eine Krise auch herbeischreiben! Man kann Angst schüren und fördern – oder beruhigen.
Klar gibt es große Unterschiede und einiges Konfliktpotential, wenn vier Parteien eine Koalition versuchen. Nur – die kennt jeder. Bis eben war Wahlkampf. Was mich, der ich als Bürger dieses Landes an einer stabilen Regierung interessiert bin, viel mehr interessiert: Warum könnte es klappen? Wo sind die Gemeinsamkeiten zum Beispiel zwischen Grünen, CSU, FDP und CDU, über die bisher niemand redet, die aber Kompromisse möglich machen können? Wie können scheinbare Hindernisse überbrückt werden?
Interessiert das wirklich niemanden? Ich glaube doch. Auf eine Sitiation hin zu schreiben (oder zu senden) in denen man den Politikerinnen und Politikern am Ende entweder vorwerfen kann, ihre Maximalpositionen verlassen zu haben („eingeknickt“ zu sein) – wenn die Koalition kommt – oder unfähig zu Verantwortung und Regierung zu sein – wenn sie nicht kommt – ist jedenfalls billig, einfach und verantwortungslos. Insbesondere, wenn in der selben Kommentarspalte dann eine Woche später über Politikverdrossenheit schwadroniert oder der Erfolg der AfD bejammert wird. Pure Heuchelei.
Und damit zurück zum Fantasy Filmfest in Köln:
Nach zwei Tagen Filmfestpause sah ich gestern endlich den Film, auf den ich mich am meisten gefreut habe, die Nummer 1 auf meiner persönlichen Liste vor dem FFF (auf der Schneeflöcken und Radius übrigens Platz 4 und 18, Sicilian Ghost Story Platz 14 belegten). Dieser Film war:
Black Hollow Cage
(Spanien 2017)
Buch und Regie: Sadrac Gonzales
Hm.
Das ist wieder einer von diesen Filmen die ich mir mehrmals werde ansehen müssen. Nicht ganz so toll, wie ich gehofft habe, aber auf keinen Fall eine Enttäuschung. Ich glaube, es ist eine Zeitschleifengeschichte, aber ich bin nicht ganz sicher. Zuviel erzählen kann ich nicht, das wäre (unnötig) gespoilert.
Wie typisch für schreibende Regisseure vertraut Gonzales der Geschichte nicht genug und versucht sie mit viel Symbolik in den Bildern zu pushen. Da diese Bilder an sich aber sehr schön sind und die Geschichte nicht schwächen ist das nicht schlimm. Sehr sehenswerter Film, mich würde Eure Meinung dazu interessieren.
Danach kam:
Marlina the Murderer in four Acts
(Indonesien 2017)
Buch: Rama Adi, Garin Nugroho, Mouly Sorya
Regie: Mouly Sorya
Platz 8 auf meiner Liste und wahrlich keine Enttäuschung.
Vorweg: Ich kenne die sozialen Realitäten in Indonesien nicht, weiß also nicht, inwiefern dieser Film Missstände anprangert oder satirisch ist. Kann sein, dass er für eine Indonesierin oder einen Indonesier sehr viel bitterer ist als für mich.
So oder so aber glaube ich sagen zu können: Sehr gelungener Film!
Da ich ja, wie ich hörte, Feminist bin, ist es kein Wunder, dass er mir gefallen hat. 😀 Die Ausgangssituation: Der Chef einer Räuberbande im ländlichen Idonesien sucht das Haus einer jungen Witwe auf und erklärt ihr, dass in Kürze seine sechs Kumpanen erscheinen würden. Dann würden sie die Frau – Malina – ihrer gesamten Habe berauben und nacheinander vergewaltigen. Malina findet die Idee verständlicherweise nicht so toll, aber zunächst erscheint ihre Situation ausweglos. Aber wer mit der Schwäche und Fügsamkeit von Frauen rechnet verkalkuliert sich gerne mal…
Im lakonischen Spätwesternstil entfaltet sich eine Geschichte, in der männliche Arroganz tödlich ist (für die Machos, nur zwei der vielen toten Männer im Film haben sich ihr Schicksal nicht selbst verdient, und von den beiden ist einer von Anfang an eine Leiche) und Frauen tun, was notwendig ist. Ein ernster Film mit einem Humor, der sich rein aus der Situation und den Figuren ergibt, nie aus irgendwelchen gewollten Pointen. Mir hat der Film sehr viel Freude gemacht. Wenn ihr ein wenig Blut und abgeschlagene Köpfe vertragt wird es Euch hoffentlich genauso sehen.
Damit steht es im Duell „Sehenswert vs. Zeitverschwendung“ 6:1 für die sehenswerten Filme. Ich bin verblüfft und entzückt.
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