Gestern habe ich begonnen, diese Liste abzuarbeiten, und heute schon soll ich neun Dinge über mich erzählen. Nun gut… da dies hier doch (mit weiten Abschweifungen wie Weihnachtsgeschenketipps, Filmrezensionen und Musik) der Blog eines Schriftstellers ist, werde ich – nicht nur aber vor allem – Dinge aufschreiben, die mit meinem Schreiben zu tun haben.
Day One: Ten things you want to say to ten different people right now.
Day Two: Nine things about yourself.
1.) Ich bin nicht zufällig Schriftsteller. Geschichten zu erzählen, Geschichtenwelten in mir wachsen zu lassen ist einer meiner ältesten und tiefsten Triebe. Dabei habe ich immer schon zu der Sorte Geschichtenerzähler gehört, deren Geschichten beim Erzählen wachsen. Meine Mutter hat bis heute ein Trauma von diesem langen Familienspaziergang um irgendeine Talsperre, ich muss damals so um die sechs Jahre alt gewesen sein. Ich hatte begonnen, ihr eine Geschichte über Dinosaurier zu erzählen, und da es ihr immer wichtig war, mich in meiner Spinnerei zu fördern, konnte sie mich nicht auffordern, einfach den Mund zu halten. Sie konnte aber auch nicht weggehen oder die Wanderung verkürzen – wir waren so abseits der Zivilisation wie man im doch sehr zivilisierten Rheinisch Bergischen Land nur sein kann. Und die Geschichte wuchs und wuchs… Mein Vater kümmerte sich derweil wahrscheinlich um meine kleine Schwester, jedenfalls kam niemand um sie zu retten. Sie berichtet heute noch davon. 😀
Inzwischen bin ich ein wenig älter und habe gelernt, Geschichten zu planen, besonders Krimis und Drehbücher. Aber es gibt auch immer noch Geschichten, bei denen ich zu Beginn nur den Anfang und ein paar Wegmarken kenne, manchmal bin ich mir sogar über das Ende nicht sicher. Der Finder und Sergej sind so entstanden.
2.) Ich verliebe mich in meine Figuren. Ganz besonders heftig war es bei Erin aus „Sergej“ und Esther aus dem „Finder„, etwas abgeschwächt bei Kat aus dem „Ruf“ und Linda aus den „Träumern„. Natürlich bleibt diese Liebe unerfüllt – was nur fair ist, denn immerhin bin ich ihnen gegenüber allmächtig, und ein solches Gefälle ist ungesund für eine Beziehung. Fragt mal die ganzen Gespielinnen von Zeus. Aber abgesehen davon, dass wir nicht einmal ein Date oder ein nettes Gespräch haben, von allem anderen ganz zu schweigen – hormonmäßig ist alles da. Und damit meine ich die Hormone, die Verliebte zu matschköpfigen, asozialen Wesen machen. Es kann durchaus vorkommen, dass ich stundenlang blöde bin, weil ich an nichts anderes denken kann als an Erin. Oder dass ich aggressiv auf Störungen reagiere wenn ich schreibe, nicht nur, weil ich konzentriert sein muss, sondern auch, weil ich mit Esther alleine sein möchte. Meine Umwelt ist gottlob tolerant. Und meine Leserinnen und Leser mögen diese Frauenfiguren meist ganz gerne, also ist es nicht zum Schaden der Geschichte.
3.) Ich gehöre zu den religiösen Künstlern, ich glaube an ein(e/n) Gott. Witzigerweise beziehe ich die philosophisch-theoretische Rechtfertigung dafür von Kant, der bewiesen hat, dass man über die Wirklichkeit an sich aufgrund menschlicher Erkenntnisfähigkeit keine gültigen Aussagen machen kann. Manche Gläubigen empfinden das als unglaubliche Provokation, weil es jeden Gottesbeweis von vorneherein als Humbug enttarnt. Ich persönlich empfinde es als Befreiung, weil es jede Gotteswiederlegung ebenfalls als Humbug enttarnt. Wir dürfen glauben oder nicht glauben, so lange wir Menschen sind. Ist das nicht schön? Wenn jetzt alle einsehen würden, dass Überzeugungsversuche mit Gewalt erst recht sinnlos sind, dann wäre die Welt ein ganzes Stück niedlicher.
Was hat das aber mit meiner Schriftstellerei zu tun? Zwei Dinge: Zum einen weiß ich nicht, wo meine Ideen herkommen. Ich würde nicht behaupten, dass sie von Gott kommen, denn das würde Gott zu einem ziemlichen Freak stempeln, aber… von mir kommen sie auch nicht, jedenfalls nicht völlig.
Zum anderen musste sich eine Politikerin in der Weihnachtszeit Schmähungen anhören, weil sie Gott kein Geschlecht zuschreiben will. Geschmäht wurde sie von Politikern, denen Jesus persönlich Gott als Mann offenbart hat. Ich staune sehr. Ich ringe um mein Gottesbild, ich habe wirklich keine Ahnung, wer oder was ER/SIE/ES ist, und in Bayern kennt man wahrscheinlich sogar die Schuhgröße. Beeindruckend. Aber immerhin habe ich ein ganz gutes Gleichnis für Gott. Denn was ER für mich ist, das bin ich für die Figuren meiner Geschichten. Ich habe mich hier schon einmal darüber ausgelassen. Aber was immer mir meine Figuren in ihrem Zorn und ihrer Verzweiflung zurecht an den Kopf werfen – ich bin nicht gleichgültig. Ich hoffe, ER ist es auch nicht.
4.) Ich kann mir Gesichter nicht merken und wenn doch, dann nur durch lange Übung oder sehr große Nähe. Es ist blöd – und es bringt mich immer wieder in peinliche Situationen. (Also seid mir bitte nicht böse, wenn wir uns schon einmal gesehen habe und ich Euch nicht wiedererkenne.) Das gilt auch für meine Figuren. Daniel, Esther, Bastian, Linda, Michael, selbst Sergej und natürlich alle Nebenfiguren sind für mich zumindest sehr verschwommen. Das ist nicht so schlimm wie es sich anhört, denn dadurch komme ich nicht in Versuchung, die Gesichter zu beschreiben. Und Leserinnen und Leser schätzen es, wenn sie sich eine eigene Vorstellung machen dürfen. Interessanterweise gibt es drei Ausnahmen: Lara aus dem „Finder“ sowie Erin und Recha aus „Sergej“ haben deutliche Gesichter.
5.) Alle Träume in „Die Träumer“ sind echte Träume, die mir passiert sind, mit Ausnahme der erotischen Szenen und des Gartens, durch den Bastian immer gehen muss (der ist aus einem anderen Roman von mir).
6.) Es gibt eine Art Geschichte, die sich seit Jahrzehnten vor meinem inneren Auge abspielt, in ruhigen Momenten. Sie ist nicht schlimm oder schön und – abgesehen davon, dass sie mit einem Krieg zu tun hat – auch nicht besonders dramatisch oder spannend, sie eignet sich nicht für eine Erzählung. Aber sie schreitet über die Jahre sehr langsam fort, und immer, wenn es weiter geht, bin ich überrascht. Es ist auch nicht so, dass ich mich vor dem Ende dieser Geschichte fürchten würde oder dass ich besonders gespannt darauf wäre, wie es weiter geht. So wäre es, wenn es eine Geschichte wäre, die man gut erzählen kann, was sie, wie gesagt, nicht ist. Ich frage mich nur, was das soll.
7.) Ich kann Stimmungen spüren, manchmal sogar in leeren Räumen, wenn die Menschen, die diese Stimmungen haben, noch nicht oder nicht mehr da sind. Und ich kann diese komische Gabe nie nutzen, weil ich ihr nicht vertrauen kann (obwohl sie mich noch nie im Stich gelassen hat). Blöder Fluch, das. Aber ich bin sowieso ein sehr, sehr misstrauischer Mensch, warum sollte ich mir selbst trauen? 😉
8.) Ich schreibe wahnsinnig gerne, aber die erste Seite macht mir Angst. Klassisches Klischee. Ich schiebe den Anfang einer neuen Geschichte ewig vor mir her, mache lieber Entwürfe und Recherchen und suche schonmal die Musik raus… Keine Ahnung warum. Wenn ich dann endlich angefangen habe, dann ist das Problem weg, und zwar in der Regel für den ganzen Rest der Geschichte, sei sie eine Kurzgeschichte oder ein Roman.
9.) Wenn ich wählen dürfte, ob die Nachwelt meinen Namen und meine Person in Erinnerung behält oder meine Geschichten (mit dem Zusatz „unbekannter Verfasser“ oder so), dann würde ich die Geschichten wählen.
Day Three: Eight ways to win your heart.
Day Four: Seven things that cross your mind a lot.
Day Five: Six things you wish you’d never done.
Day Six: Five people who mean a lot (in no order whatsoever)
Day Seven: Four turn offs.
Day Eight: Three turn ons.
Day Nine: Two smileys that describe your life right now.
Day Ten: One confession.
Meine Freundin Sarah Wassermair gab mir den Anstoß zu dieser Liste und hat sie selbst auch bearbeitet. Ihre Antworten auf die 9 findet Ihr hier.
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