schreckenbergschreibt: Quarantänegeschichte Nr. 76 – Der Ruf, Teil 51

Die Belagerung ist vorbei, die Party lange zu Ende, die Geister fort – bleibt zu erzählen, was danach geschehen ist. Heute erfahrt Ihr, wie es mit unseren drei Überlebenden weiter ging:

Der Ruf – Teil 1, Hintergrund, Rechte

Der Ruf – Teil 2 Der Ruf – Teil 3 Der Ruf – Teil 4 Der Ruf – Teil 5

Der Ruf – Teil 6 Der Ruf – Teil 7 Der Ruf – Teil 8 Der Ruf – Teil 9

Der Ruf – Teil 10 (mit Gewinnspiel)

Der Ruf – Teil 11 Der Ruf – Teil 12 Der Ruf – Teil 13 Der Ruf – Teil 14

Der Ruf – Teil 15 Der Ruf – Teil 16 Der Ruf – Teil 17 Der Ruf – Teil 18

Der Ruf – Teil 19 Der Ruf – Teil 20 Der Ruf – Teil 21 Der Ruf – Teil 22

Der Ruf – Teil 23 Der Ruf – Teil 24 Der Ruf – Teil 25 Der Ruf – Teil 26

Der Ruf -Teil 27 Triggerwarnung: Suizid

Der Ruf – Teil 28 Der Ruf – Teil 29 Der Ruf – Teil 30 Der Ruf – Teil 31

Der Ruf – Teil 32 Der Ruf – Teil 33 Der Ruf – Teil 34 Der Ruf – Teil 35

Der Ruf – Teil 36 Der Ruf – Teil 37 Der Ruf – Teil 38 Der Ruf – Teil 39

Der Ruf – Teil 40 Der Ruf – Teil 41 Der Ruf, Teil 42 Der Ruf – Teil 43

Der Ruf – Teil 44 Der Ruf – Teil 45 Der Ruf – Teil 46 Der Ruf – Teil 47

Der Ruf – Teil 48 Der Ruf – Teil 49 Der Ruf – Teil 50



Der Ruf – Teil 51

EPILOG

You’d not expect that anyone would go and fucking die

(The Pogues, „Drunken Boat“)

Richtung Norden

Sie fuhren schweigend und ziellos. Philip steuerte den Wagen, Britt saß neben ihm, den Sitz ganz nach hinten geschoben, das verletzte Bein ausgestreckt. Philip hatte sie die Treppe hinaufgetragen und später aus dem Haus hoch zum Parkplatz, wie er es versprochen hatte. Nun starrte er auf die Straße vor ihnen. Eine Autobahn, irgendeine zufällige Autobahn, die sie an keinen bestimmten Ort führte. Nur weg. Weg von dort. Maike saß hinter Philip und sah aus dem Fenster. Sie hatte sich bei ihrem Sturz in das Weinregal eine Platzwunde über der linken Augenbraue und einige oberflächliche Schnitte zugezogen. Nichts, was Britt mit Hausmitteln nicht notdürftig hätte behandeln können.

Nach langer Zeit hatten sie den Keller verlassen. Christoph hatten sie dort unten liegen lassen, keiner von ihnen hatte zurückgeschaut auf ihn. Und auf die Axt.

Als sie nach oben kamen, waren die meisten Insekten aus dem Haus verschwunden. Die wenigen verbliebenen machten keine Anstalten, sie anzugreifen. Die Tiere labten sich an den Resten in den Coladosen und Saftflaschen im Wohnzimmer oder krabbelten einfach friedlich vor sich hin. Insekten eben. Mit Vorsicht zu genießen, weil sie stechen konnten. Nicht mehr. Und nicht weniger.

Britt setzte sich mit Maike ins Bad, untersuchte ihre Verletzungen und gab Philip Anweisungen, was er ihr bringen sollte. Er holte die Sachen zusammen und machte sich dann auf den Weg, andere Überlebende zu suchen. Es war ein bitterer Gang und er kam schnell zurück. Khan und Michael hatte er unten am See gefunden, Chris und Simon in der Sauna. Die beiden hatten friedlich ausgesehen, wusste er zu berichten. Kat und Stephan hatte er nicht gefunden, aber dass die beiden tot waren wussten sie ja. Aus erster Hand.

Sie verständigten sich in knappen Worten über die Geschichte, die sie erzählen würden. Im Grunde mussten sie nur Christophs Tod erklären, was mit den anderen geschehen war, war offensichtlich. Niemand würde sie verantwortlich machen können. Was Christoph betraf, so war er eben wahnsinnig geworden, hatte sie in den Keller gejagt und versucht, sie zu töten. Britt hatte ihn dann in Notwehr erschlagen, nachdem er Maike in das Weinregal geschleudert und versucht hatte, Philip zu erwürgen. Sie würden die Geschichte noch ein wenig ausfeilen müssen, aber sie würde plausibel sein. Keine Geister, keine Besessenen, nur ein paar durchgedrehte Insekten und die dünne Linie zwischen Wahnsinn und Vernunft.

Maike bedeckte Bastian und Justus mit Tischdecken. Sie nahmen Abschied, verließen das Haus und sahen nicht zurück. Sie gingen hoch zum Parkplatz, Britt auf Philips Arm, Maike neben ihnen, sie hielt Britts freie Hand. Sie stiegen alle drei in Philips Wagen, völlig selbstverständlich, sie waren die Überlebenden, sie würden sich nicht trennen. Nicht jetzt. Sie fuhren los, ohne Ziel, einfach nur fort, gleichgültig, wohin, für sie gab es nur die Straßen, die sie weiter trugen und weiter und weiter. Eine Tankstelle, mechanische Handlungen, dann weiter, weiter. Irgendwann würde die Straße enden. Dann würden sie eine schreckliche Geschichte erzählen. Doch im Moment kannten sie keine Geschichten. Nur die Straße, das Grau des Asphalts, die anderen Autos, die sie umschwirrten wie Insekten.

Britt legte eine Hand auf Philips Oberschenkel, er drehte sich zu ihr und lächelte. Vom Rücksitz kam Maikes Hand und legte sich auf ihre. Britt wandte sich zu ihr und auch sie lächelte, unter Tränen. Britt fühlte, wie ein wenig Leben in sie zurück tropfte, schloss die Augen und seufzte. Sie hatten überlebt.

FORTSETZUNG FOLGT





Übrigens: Dieses Bild aus dem Epilog, die drei Menschen im Auto, die ziellos und unzertrennlich vom Ort des Schreckens weg fahren, war das allererste Bild, das von der Geschichte existierte. Ich habe hier schon einmal etwas zur Entstehungsgeschichte des Romans geschrieben. Die reale Party war Ausgangspunkt und Inspiration, das ist richtig, aber der Beginn der GESCHICHTE (und damals, vor mehr als 30 Jahren, noch der Beginn des PROloges) war dieses Bild, diese Situation.



Über Mountfright

Autor und Öffentlichkeitsarbeiter, Mann und Vater, Leser und Filmfreak. Kindheit in den 1970ern, weswegen mich bis heute seltsame Musik mit Ohrwürmern plagt. Aufgewachsen in den 80er Jahren, einem Jahrzehnt, das nicht halb so grau war, wie die anderen glauben. Erste Kurzgeschichte mit 13, erster echter Romanversuch (nach pubertären Ausfällen) mit 17, die nachfolgende Schreibblockade habe ich mir mit Songtexten für die Kölner Psychobillyband "Boozehounds" vertrieben. Danach ging es wieder: Erster lesenswerter Roman mit 26, seither nicht mehr aufgehört.
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3 Antworten zu schreckenbergschreibt: Quarantänegeschichte Nr. 76 – Der Ruf, Teil 51

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